Presse

Ich finde es ja gut und wichtig, dass jetzt viel über so Dinge wie Filterblasen, Echokammern und Newsbots geredet wird – sie haben zweifellos einen gewissen Anteil an dem Schlamassel, der nach den Wahlerfolgen rechter Hetzer in den USA, aber auch bei Landtagswahlen in Deutschland nun wirklich nicht mehr unter den Teppich passt.

Nur mit dem Begriff „Fake News“ habe ich meine Probleme. Ist das nicht einfach „Lügenpresse“ auf englisch?

Wenn nun also alle Seiten praktisch denselben Begriff benutzen, um die Informationsfilter der jeweils anderen Seite zu beschreiben, haben wir, denke ich, das perfekte Sinnbild für die postfaktische* Öffentlichkeit gefunden.

Facebook hat ja schon ein paar Maßnahmen geplant, um die „Fake News“ einzudämmen. Wie gut die sind, ist eine andere Frage. Eine dieser Maßnahmen scheint darin zu bestehen, Nutzern die Dinge, auf die sie nicht klicken, noch seltener zu zeigen. Wenn ich mich richtig erinnere, ist das aber genau der Blödsinn, der uns da überhaupt erst in diese Misere mit den Filterblasen gebracht hat.

Besser, das selber in die Hand zu nehmen
. Der erste Schritt raus aus der Einseitigkeit ist ganz einfach: Mehrseitige Feeds abonnieren. Die meisten Tageszeitungen habe ihre eigenen Social-Media-Kanäle. Ihr könnt euch da ein paar eher linke und eher rechte Zeitungen zusammenstellen – natürlich aus dem Pool von Zeitungen, die echten Journalismus mit Quellenprüfen und so machen. Wenn Ihr die alle für „Lügenpresse“ haltet, müsst Ihr das sogar, um, ääh, zu wissen, was der Feind denkt. Genau.

Bei Twitter ist das kein Problem. Twitter hat zwar auch eine Algorithmus-Einstellung, die einem nur das Beliebteste vom Tage zeigt statt alles, aber die ist leicht abzustellen und bleibt dann auch abgestellt. Ich benutze eh Tweetdeck, das zeigt, glaub‘ ich, nach wie vor alles. Und man kann sich alles Unliebsame in eine eigene Liste legen. Die kann man dann angucken oder nicht, je nach Tageslaune.

Bei Facebook ist es schwieriger. Man kann zwar unter „News-Feed“ (ganz oben in der Browser-Darstellung) von „Top-Meldungen“ zu „neueste Meldungen“ wechseln, aber angeblich schaltet das manchmal von selber zurück. Denn Facebook will wirklich, dass Du nur das siehst, was es denkt, das Du sehen willst. Statt z. B. die Dinge, die Du abonniert hast, um sie zu sehen. (Jemand muss denen wirklich mal erklären, was „abonnieren“ heißt.) Ein einfacher Fix dafür ist (im Browser, keine Ahnung, wie das mit den Smartphone-Apps ist): direkt die „neueste-Meldungen“-Ansicht zu bookmarken. Der Link dazu ist: https://www.facebook.com/?sk=h_chr

Das solltest Du übrigens sowieso tun, wenn Du meine Facebook-Seite abonniert hast und dich fragst, warum da nie was kommt. (Oder irgendeine Facebook-Seite.)

*) Man mag von dem Begriff halten, was man will. Mein ehemaliger Dozent Michael Schetsche hat da ain paar sehr interessante Perspektiven zusammengetragen. Ich finde es sinnvoll, einen Begriff für dieses Phänomen zu haben. Mich stört nur, wenn man ihn mit „Zeitalter“ kombiniert. Dann wird er sofort zur Floskel und zum neuen „du hast recht und ich meine Ruhe“.